Sport in Deutschland: Struktur der Sportvereine und Verbände

Sport fördert die Begegnung von Menschen unterschiedlichster sozialer, kultureller und ethnischer Herkunft – dadurch kann er eine wichtige Rolle bei der Integration spielen. Deutschland ist bekannt als Sportnation mit einer langen Vereinstradition. Hier treiben Millionen Menschen in ihrer Freizeit Sport in Vereinen, von kleinen lokalen Clubs bis zu großen Bundesligavereinen. Dieser Beitrag gibt einen aktuellen Überblick über den Aufbau des Sportsystems in Deutschland – von der Basis der Sportvereine über die Sportverbände bis hin zum Dachverband – und beleuchtet, welche Bedeutung dieses System für die Gesellschaft und die Integration von Migrant*innen hat.


Die Bedeutung der Sportvereine in Deutschland

Sportvereine bilden das Fundament des organisierten Sports in Deutschland. Im Unterschied zu einigen anderen Ländern (etwa den USA, wo Sport oft an Schulen und Colleges gebunden ist) spielt sich Sport hierzulande überwiegend im Verein ab. Ein Sportverein (meist als eingetragener Verein, e.V.) ist eine freiwillige Gemeinschaft, in der Menschen gemeinsam Sport treiben. Diese Vereine werden hauptsächlich ehrenamtlich geführt und finanzieren sich über Mitgliedsbeiträge, Spenden und oft auch Unterstützung von Kommunen (z.B. in Form der Bereitstellung von Sportstätten).

Die Zahlen sprechen für sich: 
In Deutschland treiben so viele Menschen wie nie zuvor Sport im Verein – Anfang 2025 waren erstmals über 29 Millionen Vereinsmitgliedschaften registriert. Die rund 86.000 Sportvereine im Land vereinen damit über ein Drittel der Bevölkerung. Sportvereine sind in nahezu jeder Gemeinde präsent und bieten Angebote für alle Altersklassen und Interessen: vom Fußball über Turnen und Leichtathletik bis zu Nischensportarten. Neben dem Sportbetrieb erfüllen die Vereine auch wichtige soziale Funktionen. Sie fördern Gemeinschaft, vermitteln Werte und ermöglichen es Menschen, generationenübergreifend und gemeinsam aktiv zu sein. Nicht umsonst gilt der gemeinnützige Sport als die größte Bürgerbewegung Deutschlands.


Organisationsstruktur: Vereine, Verbände und Dachverband

Die Struktur des Sports in Deutschland ist hierarchisch und föderal organisiert. An der Basis stehen die lokalen Sportvereine – rund 86–90.000 an der Zahl – in denen die sportliche Aktivität tatsächlich stattfindet. Diese Vereine schließen sich auf verschiedenen Ebenen zu Verbänden zusammen, um ihre Interessen zu bündeln und Wettbewerbe zu organisieren. Man unterscheidet dabei im Wesentlichen zwei Arten von Verbänden:

  • Sportfachverbände: Das sind Verbände für einzelne Sportarten auf regionaler und nationaler Ebene. Beispielsweise gehören Fußballvereine ihrem Landes-Fußballverband an, der dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) als Bundesverband untersteht. Ähnlich gibt es Fachverbände für Turnen (DTB), Leichtathletik (DLV), Handball (DHB) und viele andere Sportarten. Diese Verbände setzen Regeln der Sportart um, organisieren Ligen und Wettkämpfe und vertreten die Interessen der Sportart nach außen. Einige deutsche Bundesfachverbände sind sogar die größten der Welt in ihrer Sportart – so ist der DFB mit über 7 Millionen Mitgliedern der größte Fußballverband weltweit.

  • Landessportbünde: Parallel zur fachlichen Gliederung gibt es auf territorialer Ebene in jedem Bundesland einen Landessportbund. In diesen Landessportbünden sind alle Sportvereine einer Region zusammengeschlossen, unabhängig von der Sportart. Sie dienen der allgemeinen Vertretung der Sportvereine gegenüber der Politik (insbesondere den Landesregierungen) und unterstützen die Vereine vor Ort, zum Beispiel durch Fortbildungen, Beratungen oder die Verwaltung von Fördermitteln. Es gibt 16 Landessportbünde (für die 16 Bundesländer).

An der Spitze des organisierten Sports steht der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) als Dachverband. Der DOSB vereint derzeit 99 Mitgliedsorganisationen (Stand 2023). Dazu zählen die 16 Landessportbünde (territoriale Verbände) sowie zurzeit 66 nationale Sportfachverbände (für die olympischen und nicht-olympischen Sportarten) und 17 Verbände mit besonderen Aufgaben (z.B. der Allgemeine Deutsche Hochschulsportverband für den studentischen Sport). Der DOSB ist damit die größte Sportorganisation der Welt auf seinem Gebiet. Er übernimmt u.a. die Entsendung der deutschen Olympiamannschaften, entwickelt Strategien für den Sport und vertritt die Interessen des deutschen Sports international. Trotz dieser zentralen Rolle ist der DOSB kein staatliches Organ, sondern ein unabhängiger gemeinnütziger Verband – eine echte Nichtregierungsorganisation des Sports.

Wie greifen diese Ebenen ineinander? Ein Sportverein ist in der Regel Mitglied seines jeweiligen Sportfachverbandes und über diesen bzw. direkt auch Mitglied im Landessportbund. Zum Beispiel könnte ein örtlicher Mehrsparten-Sportverein gleichzeitig dem Landessportbund Bayern angehören und mit seiner Fußballabteilung Mitglied im Bayerischen Fußball-Verband (und damit im DFB) sein, mit der Turnabteilung im Turnverband etc. Durch diese Struktur werden Interessen bottom-up gebündelt: Vereine wählen Delegierte in Verbandsräte, Verbände treffen sich auf Landes- und Bundesebene, und im DOSB kommen schließlich alle zusammen. Entscheidungen werden somit weitgehend von der Sportbasis aus vorbereitet – ein Ausdruck des Autonomieprinzips des deutschen Sports.


Ehrenamt und staatliche Unterstützung im Sportsystem

Ein Kennzeichen des Sportsystems in Deutschland ist das hohe Maß an Eigenverantwortung und Ehrenamtlichkeit. Sportvereine sind zumeist unabhängig von staatlicher Einflussnahme und organisieren sich selbst – dieses Autonomieprinzip hat historische Gründe und gilt als Leitsatz der Sportpolitik. Millionen von Bürgerinnen und Bürgern engagieren sich freiwillig in Vereinen als Trainerinnen, Übungsleiterinnen oder Vereinsvorstände. Ohne dieses Ehrenamt wäre der breite Sportbetrieb undenkbar. Rund 8 Millionen Menschen engagieren sich ehrenamtlich in deutschen Sportvereinen – sie leiten unbezahlt Trainings, organisieren Wettkämpfe, verwalten den Verein und kümmern sich um die Jugendarbeit. Dieses bürgerschaftliche Engagement fördert nicht nur den Sport an sich, sondern stärkt auch den sozialen Zusammenhalt vor Ort.

Der Staat (auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene) spielt unterstützend eine wichtige Rolle, agiert dabei aber subsidiär. Das heißt, staatliche Stellen greifen vor allem dort helfend ein, wo die Sportorganisation es allein nicht schafft. Öffentliche Förderung gibt es etwa in Form von Bereitstellung und Unterhalt von Sportanlagen durch Städte und Gemeinden, Zuschüssen für den Breitensport und die Jugendarbeit durch Landesprogramme oder die Finanzierung des Spitzensports und Olympiavorbereitung durch den Bund. Organisatorisch ist Sport jedoch kein ausdrückliches Staatsziel im Grundgesetz, und es existiert kein eigenes Bundesministerium für Sport – Sport fällt meist in den Aufgabenbereich des Innern oder der jeweiligen Länder. Die Kooperation zwischen Politik und Sport ist aber eng: So sitzen Vertreter der Sportverbände in sportpolitischen Gremien, und es gibt regelmäßige Abstimmungen, etwa wenn es um Schulsport, Sportförderung oder große Sportveranstaltungen geht. Insgesamt gilt: Der Sport organisiert sich selbst, aber Staat und Gesellschaft schaffen die Rahmenbedingungen, damit Vereine ihre wichtige Arbeit leisten können.


Sport als Motor der Integration

Sportvereine sind nicht nur Orte der körperlichen Betätigung, sondern auch wichtige Begegnungsräume für Menschen aus verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Gerade für Zugewanderte bieten Vereine eine hervorragende Möglichkeit, Anschluss in der neuen Heimat zu finden. Beim gemeinsamen Training und im Mannschaftsgeist entstehen Kontakte und Freundschaften, ohne dass Sprachbarrieren im Vordergrund stehen – beim Sport zählt vor allem das Miteinander und Fairplay. Studien zeigen, dass Sport Vorurteile abbauen hilft und das gegenseitige Verständnis fördert.

Allerdings zeigt sich auch, dass Menschen mit Migrationshintergrund bisher seltener Mitglieder in Sportvereinen sind als der Bevölkerungsdurchschnitt. Vor allem im Ehrenamt (z.B. als Trainer oder im Vereinsvorstand) und unter Mädchen und Frauen mit Zuwanderungsgeschichte gibt es noch Luft nach oben. Gründe dafür können Sprachhürden, fehlende Informationen oder kulturelle Unterschiede sein. Um diese Barrieren zu überwinden, gibt es zahlreiche Initiativen und Förderprogramme. Bereits seit 1989 existiert das Bundesprogramm “Integration durch Sport”, mit dem der DOSB und die Bundesregierung gezielt Teilhabechancen verbessern. Heute ist dieses Netzwerk so vielfältig wie nie: Mehrere tausend Sportvereine in ganz Deutschland bieten spezielle Angebote für Migrant*innen und Geflüchtete an – von interkulturellen Sportgruppen über Patenschaften im Verein bis hin zur Ausbildung von Übungsleitern mit Migrationshintergrund. Projekte wie “Willkommen im Sport” des DOSB unterstützen Geflüchtete niedrigschwellig dabei, den Weg in den Verein zu finden. Fast ein Drittel der Vereine engagierte sich in den vergangenen Jahren in der Flüchtlingsintegration, und etwa jeder fünfte Verein hat spezielle Programme für Geflüchtete aufgebaut.

Für viele Neuankömmlinge sind Sportvereine ein Stück Zuhause: Hier kann man die deutsche Sprache spielerisch üben, lokale Gepflogenheiten kennenlernen und gleichzeitig etwas für die eigene Gesundheit tun. Die Erfolge sind sichtbar – von Fußballmannschaften mit Spielern unterschiedlicher Herkunft bis zu integrativen Sportfesten, die ganze Stadtteile zusammenbringen. Sport im Verein steigert nicht nur Fitness, sondern steht auch für Respekt, Teamgeist und Zugehörigkeit, wie DOSB-Präsident Thomas Weikert betont. Diese Werte helfen allen Mitgliedern – ob mit oder ohne Migrationsgeschichte – und fördern echten gesellschaftlichen Zusammenhalt.


Fazit

Die Sport- und Vereinsstruktur in Deutschland ist ein erfolgreiches Modell, das Breitensport, Spitzenleistungen und Integration unter einem Dach vereint. Von der lokalen Ebene der Sportvereine bis zum nationalen Dachverband DOSB erstreckt sich ein dichtes Netz, getragen von engagierten Bürgerinnen und Bürgern. Für Migrantinnen und Migranten bietet dieses System große Chancen, Teil der Gemeinschaft zu werden: Sport verbindet! Durch die Mischung aus ehrenamtlichem Engagement und unterstützender Förderung ist es gelungen, dass heute über 29 Millionen Menschen im Verein Sport treiben – Tendenz steigend. Sportdeutschland heißt alle willkommen, die mitzuwirken und mitzuspielen wollen, und lebt damit tagtäglich vor, wie Integration durch gemeinsames Hobby gelingen kann.


Quellen: 

Die Informationen in diesem Beitrag wurden unter anderem den Veröffentlichungen des Deutschen Olympischen Sportbunds, der Bundeszentrale für politische Bildung und der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung entnommen. Diese belegen die genannten Daten und Aussagen zur Struktur des Sports und zur Bedeutung von Sport für die Integration in Deutschland.

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